Unser Geschmackssinn

Unser Geschmackssinn oder auch gustatorische Wahrnehmung genannt, wird von chemischen Reizen an den Geschmacksknospen auf unserer Zunge, ausgelöst. Im Ayurveda funktioniert das zwar genauso, aber es gibt auch ein paar feine Unterschiede zum Thema Geschmack und geschmackliche Wahrnehmung, die ich hier näher bringen möchte.

Verdauung

Verdauung beginnt im Mund, da ist man sich mittlerweile einig möchte man meinen. Im Ayurveda beginnt die Verdauung sogar in den Händen. In Indien ist es üblich mit den Händen zu essen und auch hier bei uns essen Kleinkinder häufig mit den Fingern der einen Hand, obwohl sie die Gabel in der anderen halten. Das ist absolut in Ordnung, denn auch auf unseren Fingern, haben wir Rezeptoren, die die Konsistenz und Struktur unserer Nahrung wahrnehmen. Viel wichtiger als das ist aber noch die Temperatur. Zu kalt, oder zu warm? Das merken wir mit den Fingern direkt. Den Geschmack erkennen wir aber erst, wenn die Nahrung in der Mundhöhle landet und wir uns die Zunge verbrennen. Zähne, Lippen und Zunge helfen uns dabei die Nahrung zu zerkleinern und weiter abwärts zu befördern. Die Speicheldrüsen helfen den Brei gleitfähig zu machen und Enzyme gesellen sich hinzu, um einen Teil der Arbeit vorwegzunehmen.

Der Geschmackssinn und der Weg ins Gehirn

Zwischen unserer Zungenspitze und dem Kehldeckel am anderen Ende gibt es unzählige kleine Papillen, die sich mit Tast-,Temperatur- und Schmerzempfindungen der Zunge befassen. Diese Papillen haben somit unterschiedliche Funktionen und unterscheiden sich in ihrer Form und Größe. Man kann fünf Geschmäcker wahrnehmen. Süß (auf der Zungenspitze), salzig (Zungenspitze und Seitenränder), sauer (Seitenränder der Zunge), bitter (hinteres Ende der Zunge) und umami (Mitte der Zunge). Einige dieser Papillen enthalten Geschmacksknospen und diese wiederum enthalten viele kleine Sinneszellen, die am anderen Ende des Knospe Synapsen für die abgehenden Nervenzellen enthalten. Am vorderen Ende des Geschmacksknospe liegen jedoch zunächst die Mikrovilli mit all ihren verschiedenen Geschmacksrezeptoren. Man kennt allein 30 Typen von Bitterstoffrezeptoren, aber bislang kaum Süßrezeptoren. (Babys und Kleinkinderhaben haben übrigens viel mehr Geschmacksknopsen und auch an anderen Orten in der Mundhöhle verteilt. Sie nehmen den Geschmack daher oft ganz anders wahr).

Bindet ein gelöster Stoff aus der Nahrung an einen der Rezeptoren, dann wird eine Signalkette in Gang gesetzt und die Neurone senden dieses Signal an unser Gehirn. Diese Fasern entstammen von einigen der Hirnnerven und leiten das Signal genau dorthin wo es hin soll, damit das Gehirn reagieren kann. Ist zum Beispiel etwas viel zu bitter, also potentiell giftig, dann wird das Gehirn sofort das Ausspucken oder einen Würgereiz einleiten. All die Rezeptoren auf der Zunge, aber auch die des Geruchssinns beeinflussen sich gegenseitig und daher spielen Geruch, Konsistenz und Temperatur beim „Geschmack“ eine große Rolle.

Mehr als nur Geschmack

Das Gehirn erkennt also auch ob eine Mahlzeit ausbalanciert ist und zum Beispiel genug Fett und Proteine enthält, so wie das bei traditionellen Gerichten oft der Fall ist. Du hast doch sicher schon mal den Unterschied erlebt, wie man sich nach einem Mittagessen bei Oma fühlt, oder nach einem abgepackten Salat in der Mittagspause. Oft hat man dann dieses Gefühl, dass irgendwas „fehlt“.

Genau hier arbeitet Ayurveda ein bisschen anders. Es geht weniger darum auszurechnen, wie viele Kalorien man zu sich nimmt (das Gehirn wird nämlich merken, wenn z.B. Fett fehlt), oder auszumessen ob das Verhältnis von Kohlenhydraten zu Fetten und Proteinen stimmt. Es geht um das Gesamtpaket und darum, dass man sich am Ende einer Mahlzeit satt und befriedigt fühlt.

Die Geschmacksrichtungen im Ayurveda

Der größte Unterschied beginnt damit, dass im Ayurveda sechs Geschmacksrichtungen beschrieben werden. Süß, sauer, salzig, scharf, bitter und zusammenziehend/herb. Es ist ratsam diese sechs Geschmacksrichtungen in jeder Mahlzeit vorzufinden. Das hört sich meist schwieriger an als es ist, wenn man es richtig verstanden hat. Das interessante ist auch, dass man die fünf Elemente in den Geschmacksrichtungen wiederfindet. Jede Geschmacksrichtung hat auch eine eigene Wirkung. So ist süß (Wasser und Erde) beispielsweise aufbauen und kühlend. Sauer (Erde und Feuer) wirkt erhitzend, salzig (Wasser und Erde) wirkt auch erhitzend, genau wie scharfe (Luft und Äther) Nahrung. Bitter und zusammenziehend (Luft und Äther) wirken kühlend.

Die verschiedenen Geschmacksrichtungen haben auch eine Wirkung auf die Doshas (Vata, Pitta und Kapha) und auf unsere Psyche. So kann sauer ganz schön lustig machen und süße Dinge bewirken Zufriedenheit, Freude oder Trost.

Aus dem Gleichgewicht

Manchmal verlangt unser Körper nach einem bestimmten Geschmack. Das kann zum Beispiel in der Schwangerschaft sehr wichtig sein, wenn uns der Körper mitteilt, dass ihm etwas fehlt, oder unsere Psyche spielt uns einen Streich und sucht Trost und verlangt daher nach Süßem. Manchmal ist dieses besondere Verlangen nach einer bestimmten Geschmacksrichtung aber auch ein Hinweis darauf, dass unser Körper aus dem Gleichgewicht geraten ist. Anfangs versucht er sich noch selbst auszugleichen, aber je länger das Ungleichgewicht vorherrscht, desto eher verlangt der Körper nach den Geschmäckern, die ihn noch mehr aus der Balance bringen. Ein Paradox.

Dem Körper fehlt etwas

Je näher man seiner eigenen Mitte kommt, desto einfacher ist es auf die subtilen Signale des Körpers zu hören und ihnen zu vertrauen. Wenn du deinen Körper regelmäßig mit allen Geschmacksrichtungen versorgst, wird er seltener nach Ausgleich verlangen. Bei einem Ungleichgewicht ist es wie du siehst, aber auch möglich mit den richtigen Nahrungsmitteln und den jeweiligen Geschmacksrichtungen den Körper allein dadurch wieder in Balance zu bringen.

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