Ist Zucker schädlich?

Die WHO empfiehlt den Verzehr von 6 Teelöffeln oder 4 Würfeln Zucker pro Tag nicht zu überschreiten. Das entspricht ungefähr 25 Gramm Zucker täglich. Der eigentliche pro Kopf Verbrauch in Deutschland liegt laut statista.de allerdings bei ungefähr 28 Würfeln pro Tag. Das sind 24 Würfel zu viel. PRO TAG.

Unser Geschmackssinn liebt den süßen Geschmack, unserer Gesundheit schadet die große Menge an Zucker allerdings ungemein. Denn wir finden Zucker längst nicht mehr nur in Süßigkeiten oder Backwaren, so wie früher, sondern in allen herzhaften Fertigprodukten, wie Ketchup, Pizza, Soßen usw. Aber ist das ein Problem?

Der süße Geschmack

Der süße Geschmack wird uns schon mit der Muttermilch schmackhaft gemacht. Das Kolostrum, das so unglaublich wichtig für den Aufbau der Darmflora und unser Immunsystem ist (1), enthält unwahrscheinlich viele komplexe Zuckerarten und schmeckt natürlich auch sehr süß. Die Milch, die uns im Anschluss versorgt, besteht ebenfalls zu einem großen Teil aus Laktose. Wir verbinden den Geschmack “süß” also auch mit Nähe, Liebe und Geborgenheit. Und mit Belohnung. Denn was früher nur den ganz reichen Menschen zugänglich war, wurde für viele zunächst als etwas sehr Besonderes gehandelt und auch so eingesetzt. Bald kam der Zucker nicht mehr nur aus Übersee, sondern auch von der heimischen Rübe und jeder konnte ihn sich leisten. Aber bis heute werden Süßigkeiten als Belohnung eingesetzt. Erwachsene belohnen sich im Büro, oder nach getaner Arbeit, aber schlimmer ist, dass uns bereits im Kindergarten anerzogen wird, dass man mit Süßigkeiten belohnt werden kann. 

Süße Sucht

Wenn wir Zucker essen, und damit meine ich den raffinierten Kristallzucker, der frei von jeglichen Vitaminen und Mineralien ist, dann hat dieser im Gehirn eine ähnliche Wirkung, wie einige Drogen. Die meisten wissenschaftlichen Versuche dazu wurden zunächst an Mäusen und Ratten durchgeführt. 

Mittlerweile weiß man, dass die Wirkung beim Menschen einige Unterschiede aufweist und trotzdem bleibt man dabei, dass Zucker sogar als Einstiegsdroge für andere Drogen fungieren könnte (2). Im mesolimbischen Teil unseres Gehirns wird Dopamin ausgeschüttet, welches wiederum unser Belohnungssystem bedient. Nach einer kurzen Zeit konstant hohen Zuckerkonsums gewöhnt sich dieses System bereits an die Aufnahme von Zucker und die Abgabe von Dopamin. In den Zeitfenstern, in denen kein Zucker konsumiert wird, kommt es dann bereits zu einem Dopamin-Defizit, weil weniger Dopamin Rezeptoren zur Verfügung stehen. Dieser Zustand kann sehr schnell zu Entzugserscheinungen führen und das Verlangen nach Zucker steigt.

Das macht nochmal deutlich, weshalb es so wichtig ist, Kinder nicht regelmäßig mit Süßigkeiten zu belohnen (und sich selbst natürlich auch nicht!). Besser ist es auf natürliche Süßungsmittel umzusteigen, oder Nüsse oder Rosinen zu nutzen. Belohnen kann man aber auch mit einem Filmabend, einem Schwimmbadbesuch, einer Massage von Mama oder einem Buch. Da gibt es definitiv bessere Ideen als Süßigkeiten!

Diabetes und Übergewicht

Gerade in ärmeren Regionen kann man deutlich erkennen, dass der Konsum von Zucker in die Höhe schnellt. Leider korreliert das auch mit der Zunahme von Diabetes Typ-2 und Fettleibigkeit. China hat mittlerweile die die meisten Diabetiker, gefolgt von Indien, den USA und Brasilien. Gleichzeitig steigt dort parallel die Zahl adipöser Kinder (statista.com). Der konsumierte Zucker sorgt für einen ständig erhöhten Insulinspiegel, welcher auf Dauer wiederum zu einer Insulinresistenz führt. 

Was ist mit Fructose?

Oft wird argumentiert, dass Fructose die Lösung sei. Viel gesünder als Glukose oder Saccharose (Kombi aus beidem). Nun ja, das kommt darauf an, wie man es betrachtet. An Fructose denken wir, wenn wir auch an Früchte denken und ja, Früchte enthalten Fruchtzucker und das war im Laufe unserer Evolution unglaublich wichtig für den Menschen um zu überleben. Reife Früchte und Honig gab es nicht zu jeder Zeit und nicht an jedem Ort. Was da war, wurde gegessen und wenn es zu viel war, dann wurde der Überschuss in Fett eingelagert. Das macht unser Körper auch noch heute mit Fructose. Ein Teil wird zu Glucose umgewandelt und der Rest wird in Form von Fett eingelagert. Leider braucht es dafür die Leber, die bei übermäßigem Verzehr, sogar massive Schäden (Fettleber) davon tragen kann. Das bisschen Fett, dass wir früher angesetzt haben, um die Zeit bis zur nächsten reifen Frucht zu überbrücken, war schnell abgebaut. 

Heute sind wir 365 Tage im Jahr umgeben von reifen Früchten und wir könnten uns ohne Ende satt essen. Macht aber kaum jemand. Bis man es mit dem Fruchtzucker aus der Frucht übertrieben hat ist man pappsatt oder es wird einem übel. Der Körper schützt uns automatisch vor “zu viel”. Neben Früchten essen wir aber viel “Zucker”(Saccharose) aus Süßigkeiten und Fertigprodukten oder gesüßten Getränken. Saccharose zerfällt aber zu Glucose und Fructose. Und da haben wir sie wieder. Die Fructose. Bis der Körper dir aber signalisieren kann, dass es zu viel war, hast du die Tüte Gummibärchen schon inhaliert und mit einem Glas Cola runtergespült.

Unterschied zwischen Glucose und Fructose

Glucose geht direkt ins Blut über und verteilt sich im Körper. Die nötige Glucose wird verbraucht, der Rest verbleibt und treibt den Blutzuckerspiegel in die Höhe. Insulin wird ausgeschüttet und regt ein paar weitere Zellen dazu an, noch mehr Glucose aufzunehmen, damit es aus dem Blut verschwindet. Es räumt die Glucose also aus dem Weg und kehrt sie “irgendwo unter den Teppich”, wenn nötig. Die Fructose hat es nicht so einfach, sie gelangt in die Leber und verursacht viel Arbeit. Entweder wird sie zu Glucose umgebaut und in Form von Glykogen gespeichert, oder sie wird zu Fettsäuren verstoffwechselt. Zu viel davon und es kommt schnell zu Bauchschmerzen oder Blähungen. Und da sie zu Fett wird, liegt es nahe, dass ein erhöhter Konsum zu Fettleibigkeit führt. Das trügerische ist, dass Fructose den Blutzuckerspiegel nicht so stark anhebt. Das bedeutet, dass man sich schnell, viel einverleiben kann, ohne dass das Gehirn ein Signal von “satt” bekommt.

Fructose Sirup

Mir fällt kein anderer Begriff als “Ausgeburt der Hölle” dazu ein. Ein Sirup, hauptsächlich aus Mais gewonnen, bei dem 90 von 100 Gramm aus Fructose bestehen. Furchtbar günstig und daher überall eingesetzt. Häufig findet man auf Verpackungen von Lebensmitteln den Aufdruck “weniger Zucker”. Meist ist damit gemeint, dass weniger Saccharose, also raffinierter Zucker zugegeben wurde. Ratet mal, wodurch dieser ersetzt wurde. Fructose Sirup! Weniger Glucose, aber mehr Fructose als vorher. Mittlerweile sollte man die Leber vielleicht fragen, ob sie lieber ein Glas Wodka, als Limonade hätte. Beides führt zur Ausschüttung von Dopamin im Gehirn und macht auf Dauer abhängig und beides belastet die Leber. Da sollte man vielleicht beim nächsten Kindergeburtstag drüber nachdenken.

Alternativen zu Haushaltszucker 

Womit soll man denn jetzt noch Kuchen backen und den Kaffee süßen, wenn das alles so schlecht ist? Es gibt natürlich zahlreiche Alternativen. Der Agavendicksaft zum Beispiel. Gut beworben, aber am Ende doch nicht so gesund wie gedacht. Meist sollte man sich erst einmal überlegen, wo die Dinge denn herkommen und wie sie angebaut werden. Agaven werden häufig in Mexiko in Monokulturen angebaut und ihr Fructose-Gehalt ist um einiges höher (80%), als der unseres raffinierten Zuckers. Anders sieht es bei Ahornsirup aus. Der bringt sogar entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften (3) mit und hat einen Fructose-Gehalt von 35%. 

Eine weitere beliebte Alternative ist der Kokosblütenzucker. Er sieht zwar gesünder aus als Haushaltszucker, unterscheidet sich aber nicht wirklich von ihm. Er enthält ein paar mehr Nährstoffe und hat eine karamellige Note, allerdings ist der Transportweg auch ein sehr weiter. Bei Reissirup sieht das alles etwas anders aus, da er keine Fructose enthält. Er besteht aus Maltose und Glucose und lässt den Blutzucker rasant in die Höhe schießen.

Andere Alternativen sind Xylit (Birkenzucker) und Erythrit. Das sind Zuckeraustauschstoffe (Zuckeralkohole), die den Blutzucker nicht beeinflussen und kaum Kalorien enthalten. Ihre Süßkraft liegt allerdings bei ca. 60-70% im Vergleich zu Saccharose und bei größeren Mengen kommt es zu oft Durchfall oder Blähungen. Erythrit wird über die Niere ausgeschieden und Xylit wird oft besser vertragen, wenn man sich an ihn “gewöhnt”.

Ein andere natürliche Alternative zu Zucker ist Honig. Honig gibt es überall, er ist nur nicht vegan. Je flüssiger der Honig, desto mehr Fructose ist enthalten. Ihm werden eine Menge positiver Eigenschaften zugesprochen, allerdings sollte man Honig nicht zu lange lagern und niemals über 40°C erhitzen. Im Ayurveda warnt man dann vor Ama (unverdaute Stoffwechselzwischenprodukte), welches sich im Körper ansammeln kann. Allerdings kommt es auch zur Akkumulation von 5-HMF (5-Hydroxymethylfurfural), welches als mutagen, karzinogen und zytotoxisch eingestuft wurde.

Süßstoffe

Süßstoffe sind chemische Ersatzstoffe für Zucker, die den Blutzucker nicht anheben und keine Kalorien enthalten. Aber sind sie dadurch gesünder? Nein, denn wie ihr bereits wisst, spielt “Geschmack” eine große Rolle. Süßstoff schmeckt süß und der Körper erwartet Kohlenhydrate nach dem Verzehr, allerdings kommen gar keine im Körper an. Es wird zwar noch gestritten unter den Wissenschaftlern, aber es gibt zahlreiche Studien, die darauf hinweisen, dass Süßstoffe zu Insulinresistenz führen (4). 

Süßstoffe haben außerdem einen erheblichen Einfluss auf unser Mikrobiom im Darm. Dieses wiederum beeinflusst den Insulinspiegel (5). In jedem Fall werden Süßstoffe auch mit Übergewicht und Diabetes in Verbindung gebracht (6). Alle Studien, die dies widerlegen wurden von der Süßstoffindustrie finanziert. 

Aber das Gehirn braucht Zucker

Richtig, aber wir konsumieren einfach deutlich mehr als wir brauchen. Wenn wir essen, werden die Kohlenhydrate aufgespalten und unser Gehirn bekommt über das Blut genug Zucker. Überschüssige Glucose wird eingelagert und bei Bedarf genutzt. Ich weiß noch, wie unser Lehrer Traubenzucker verteilt hat, damit wir uns besser konzentrieren und besser denken können. Das Gehirn füttern. Und ich weiß, dass Lehrer das noch heute tun. Mir ist damals schon aufgefallen, dass ich mich nach dem Zucker erst Recht nicht konzentrieren konnte, aber warum? Was passiert, wenn man die Glucose isst? 

Sie wandert direkt ins Blut und ins Gehirn? Sie wandert ins Blut. Das ist sicher. Und der Blutzucker steigt. Das Gehirn bekommt das Signal, dass gerade gegessen wurde. Der Blutzucker steigt, das Gehirn fährt runter um zu pausieren und man wird müde, weil gerade verdaut und Glucose rumgeschoben wird. Und kaum ist die schnelle Glucose raus aus dem Blut kommt der Hunger. Vor der Schule lieber ein Frühstück zu sich nehmen und Obst für Zwischendurch. Den Traubenzucker kann man sich sparen.

Zucker im Ayurveda

Zucker wird im Ayurveda als kühlend, süß, aufbauend und energiespeichernd beschrieben. Menschen, die unter Übergewicht, unter Atemwegserkrankungen, oder Diabetes leiden, sollten Zucker unbedingt meiden. Generell werden dem Zucker allerdings viele positive Eigenschaften zugeschrieben und er wird oft bei Mangelerscheinungen oder Erschöpfung verordnet. Zucker versüßt das Leben und die Psyche mit Zufriedenheit und einem positiven Gefühl. Ein kompletter Verzicht wird also nicht empfohlen, aber man sollte die Menge durchaus moderat halten und darauf achten “natürliche” Süße zu sich zu nehmen. Solang Körper und Psyche ausgeglichen sind, wird es keinen “Heißhunger” geben und man wird nicht nach Süßigkeiten verlangen. Und wenn das doch mal vorkommt, kann es helfen am Nachmittag mal eine große Portion süßer und reifer Früchte zu sich zu nehmen um diesen Hunger zu stillen. 

Es gibt also keine Verbote, aber wie immer ist hier die Balance gefragt. Ein Stück leckere Torte mit Oma, oder der besten Freundin ab und zu, oder ein warmer Pudding an einem verschneiten Wintertag führen eher zu Glücksgefühlen, als zu einem Herzinfarkt, solang es nicht jeden Tag und im Übermaß vorkommt. Genießen ist hier das Zauberwort.

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